Liebe Eltern,
da Unruhe und Schlaflosigkeit kleiner Kinder die häufigsten Gründe sind, derentwegen Eltern bei mir Hilfe und Rat suchen, möchte ich heute (nach dem Rücken-Tragen) einen weiteren Weg beschreiben, der Ihnen und Ihrem Kind hilft, in mehr Ruhe und Tagträumerei zu finden.
Unruhige Kinder, unruhige Eltern, unruhige Kinder …
Eines ist wichtig zu wissen: Viele kleine Kinder gehen bei Müdigkeit eher ins Zappeln, in unruhiges „Umhergeistern“: So wird dies und jenes Spielzeug wird vom Kind angefasst, aber mit nichts wird mehr wirklich konzentriert gespielt. Da kleine Kinder so unglaublich neugierig sind (was ihr gutes Recht ist und was im ausgeruhten Zustand ein wunderbares Phänomen ist, denn genau durch diese Neugierde lernen sie ja unendlich viel), fällt es ihnen schwer, bei Müdigkeit Ruhe zuzulassen; nein, nur ja keine Ruhe! Viel eher gehen sie in Richtung dauernden Hantierens und Explorierens. Das Problem ist nur leider, bei Müdigkeit führt das zu dauernder Unruhe und einer gewissen Nervosität. Genau das strengt die Erwachsenen enorm an: Ihrem kleinen Kind sind sie dann dauernd auf den Fersen, hindern es daran, allen Unfug anzustellen, der ihm einfällt, schimpfen, wehren, sagen dauernd „Nein, nein, Du sollst das doch lassen… „, das Kind quengelt, schreit, zappelt, sperrt sich … und so reiben Eltern und Kind sich aneinander auf. Ein sich gegenseitig verstärkender Kreislauf!
Was können Sie als Eltern konkret tun?
Zuerst: Denken Sie bei kleinen Kindern schnell genug daran, dass sie bei Quengeln entweder hungrig, sehr oft aber auch einfach müde sind, sehr oft auch einfach beides.
Nach 2 Stunden Wachsein, ist ein Kind, das etwas jünger oder etwas älter als ein Jahr ist, bereits wieder müde, das ist ganz normal. Vielleicht mag es noch nicht gleich schlafen, aber Folgendes hilft ungemein, in Richtung Schlafen zu kommen: Wenn man dem Kind behilflich ist, dass es ins Trödeln und Tagträumen findet. Tagträumen, Dösen, Trödeln kann man als das „kleine Gebüsch“ vor dem großen „Dschungel des Schlafs“ bezeichnen ( in den wagen sich kleine Kinder ja oft nicht so ohne weiteres hinein.)
„Die Ruhe-Insel“
Wenn Sie merken, dass Ihr Kind nichts mehr mit Muße und eigener Konzentration tut, sich wahrscheinlich auch bereits einmal am Kopf gerieben hat, dann gönnen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind eine „Ruhe-Insel“, und die geht so:
Setzen Sie sich sehr gemütlich und angelehnt auf Ihr Sofa oder einen bequemen Sessel, am besten so, dass Sie zum Fenster hinaus träumen können; und nehmen Sie Ihr Kind klassisch auf den Schoß, also seinen Rücken an Ihren Bauch. Nehmen Sie seine Füße habhaft (meint: Mit gut haltendem Zupacken) in Ihre beiden Hände und achten Sie darauf, dass Ihr Kind allmählich seine Beine nicht streckt, sondern sie anwinkelt (etwas sanfter Nachdruck hilft, wenn Sie die Füße liebvoll, klar, beherzt warmherzig in Ihren Händen halten). Sie werden erleben, dass Ihr Kind seine Hände unwillkürlich zum Mund führt und daran saugt, oder aber auch nur irgendwie mit seinen Händen an seinem Mund herum macht – ein deutliches Zeichen seiner eigenen Wege in seine Selbstberuhigungs- Fähigkeiten.
Die eigenen Hände in die Körpermitte zu führen (später: Hände falten oder übereinander legen), bei kleinen Kindern auch noch zum Mund führen, dies beruhigt uns Menschen jeden Alters. Wenn Ihr Kind diese Geste eher nicht zulässt, geben Sie ihm einen kleinen Gegenstand, mit dem es gerne herumnestelt (irgendetwas Banales, woran es gerne herummacht, und sei es die Packung TempoTaschentücher, die so schön knistert).
Dieses In-der Körper-Mitte mit beiden Händen herumnesteln (oder eben am Mund saugen, auch das Saugen an einem Schnuller kann helfen), unterstützt Kinder enorm, dasss sie Ruhe und Müdigkeit zulassen. Man kann deutlich beobachten (wenn man gegenüber sitzt), wie der Blick des Kindes mehr und mehr in die Ferne geht (der Ausblick aus einem Fenster ist daher hifreich), wie kleine Kinder beginnen, tagzuträumen, zu dösen. Auch wenn es nicht gleich schlafen mag, helfen solche gemeinsamen „Ruhe-Inseln“ einem kleinen Kind enorm, aus seiner überdrehten Nervosität wieder herauszufinden, sich selbst wieder zu spüren und bei sich zu sein.
Ruhe finden und aushalten muss man lernen
Mit sich selbst Ruhe genießen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt als kleiner Mensch allmählich das Einschlafen aus sich heraus zuzulassen, schließlich auch das Selber-Einschlafen lernen zu können. Wie gesagt: Das genüssliche Tagträumen ist das kleine Gebüsch, das das Kind kennen lernen sollte – bevor es sich überhaupt in den Dschungel Schlaf selbst, ohne allzu viel Hilfe,hinein wagt …
Machen Sie solche kleinen Einheiten des gemeinsamen Tagträumens in entsprechend klarer, gemütlich sitzender Haltung immer wieder den Tag über – Sie werden beobachten, dass Ihr Kind statt ins Aufgedreht-Sein und nervöse „Umhergeistern“ viel mehr zu sich kommt und es sein Ruhig-Werden zulässt und zu genießen beginnt.
Sie selbst tanken auch auf, indem Sie nach Draußen, in den Himmel, vielleicht auch in Bäume und Büsche schauen.
Handy weg und gemeinsam mal wirklich NICHTS tun!
Lassen Sie Ihr Handy beiseite – denn das stört die Erfahrung des Tagträumens – und hilft weder Ihnen noch Ihrem Kind, ins Dösen und zur eigenen Ruhe zu finden, beides genussvoll zu erleben. Handys zu bedienen, bedeutet gleich wieder Anspannung, die spürt das Kind und quengelt los …
Wenn Sie ein größeres Kind haben, das beschäftigt sein will, kann es sich mit seinen Spielsachen in unmittelbarer Nähe aufhalten (z.B. die Autos -in seiner Phantasie- auf der Autobahn auf dem Sofa fahren lassen oder mit einer Puppe/einem Teddy genau so dasitzen und selbige auf dem Schoß halten und mit ihnen babbeln, sie füttern und versorgen; oder man kann ebenso ganz ruhig gemeinsam nebenher ein Buch mit dem größeren Kind anschauen.
Wagen Sie diese Erfahrung mehrmals am Tag – Sie werden feststellen, dass Ihr Kleinkind weniger zappelig ist, mehr seine Müdigkeit wahrnimmt, auch allmählich deutlicher zeigt, dass es jetzt Ruhe, am besten allmählich auch Schlaf braucht. Für alle in der Familie wird es dadurch angenehmer, weil Ruhe genüsslich erlebbar wird.
Und natürlich: Sollte Ihr Kind Hunger haben, kann es zuallererst was zu essen bekommen und dabei oder danach wie beschrieben bei Ihnen auf dem Schoß sitzen und ins Tagträumen finden.Viele Eltern erzählen mir, dass ihr Leben mit kleinem Kind durch diese „Ruhe-Inseln“ viel, viel weniger anstrengend wurde.
Angenehme Tagträume wünsche ich Ihnen …. Vielleicht sehen Sie wieder – wie einst als Kind – Gestalten in den Wolken, oder gehen mit den Wolken auf kleine Reisen …?
Herzlich Ihre Ingrid Löbner