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Hilfe – unser Kind teilt seine Spielsachen nicht, was nun?

Da hatte man sich auf einen ruhigen Spiel-Nachmittag der Kinder gefreut, ein anderes Kind kommt endlich zu Besuch und nun gibt es viel Streit – weil das eigene Kind im Kinderzimmer „herrscht“ und keine Kontrolle über seine Spielsachen aufgibt.
Jüngere Kindern fällt Teilen von Sachen oft noch schwer
Jüngere Kinder (häufig bis vier Jahre) erleben ihre Besitztümer oftmals noch wie „Teile“ ihrer Person und tun sich dann sehr schwer, andere Kinder sie anfassen und mit ihnen spielen zu lassen. Das hat mit der kindlichen, psychischen Entwicklung zu tun;  aber leider auch ein wenig damit, wie sehr wir alle im Modus des „Mein“ und „Dein“ leben.
Ausgeprägter, starker kindlicher Egoismus ist bis etwa zum Alter von vier Jahren noch etwas Normales, weil erst ab ca. vier Jahren bei Kindern die Fähigkeit stabil da ist, sich bevor sie anderen etwas antun, sich in die Gefühle des anderen hineinzuversetzen. Dieses „Ich kann nachfühlen, wie Du empfindest und wie die Lage sich für Dich anfühlt“ ist ein Reifeschitt, der erst im Kind erfolgt sein muss, eh man von einem Kind erwarten kann, dass es sich gedanklich vorstellt, wie sein Verhalten sich für das andere Kind anfühlt. Man kann das zwar immer wieder zu einem Kind auch vor dem Alter von vier Jahren sagen, es wird das aber oft genug nicht umsetzen, einfach, weil es das aus seiner psychischen Entwicklung heraus noch nicht stabil, verlässlich umsetzen kann.
Was tun, was hilft bei kindlichem Egoismus?
Zum einen hilft, wenn wir generell viel, viel weniger betonen, dass Spielsachen einem Kind gehören, als vielmehr sagen: Spielsachen sind Sachen, die für alle Kinder zum Spielen da sind.  Da Kinder uns Erwachsene von klein an stark beobachten, ist diese Haltung umso überzeugender, je mehr auch wir bereit sind, Dinge mit anderen Menschen gemeinsam zu benutzen, also zuallererst wir selbst unsere Dinge weniger wie „heilige Kühe“ nur für uns alleine hüten und haben.
Das einzige, was ein Kind „besitzen“ darf und auch langfristig nicht teilen lernen muss ist seine geliebte Puppe oder sein Kuscheltier  – denn beides sind „echte“ Kinder und können nicht ohne weiteres in die Arme anderer wandern. Das ist mit Kindern einfach so, wie wir ja alle wissen. Aber ansonsten ist gut, ruhig und täglich das Hin und Her von Sachen zu üben.
Wie können Eltern bei kindlichem Egoismus behilflich sein?
Im Kinderzimmer muss man den Kindern bis vier Jahren immer wieder noch etwas behilflich sein, wie sie die Spielsachen unter sich so aufteilen könnten, dass es jedem der Anwesenden Freude macht, da zu sein und zusammen ins Spiel zu finden. Man kann dabei helfen, dass das Abwechseln im Gebrauch einzelner Spielsachen klappt, indem man einen Küchenwecker stellt (je mehr der sich noch sichtbar beim Ablaufen bewegt, umso anschaulicher ist für Kinder, wie lange es bis zum nächsten Klingeln dauert); man kann helfen, wer womit als erstes und dann als zweites spielen darf – also bei allen Absprachen noch etwas mit die Regie übernehmen und durch leise, aber immer wieder feine Präsenz im Hintergrund deutlich werden lassen, dass die Regie bei der Frage, wer darf womit spielen, nicht beim Gastgeber-Kind, sondern beim gastgebenden Elternteil liegt. Das nimmt Stress heraus, weil dann nicht ein Kind allein bestimmt und dieses Bestimmen immer vehement verteidigt, sondern weil ein sanftes, aber klares Bestimmen beim – in Sachen Bestimmen- sowieso noch stärkeren Erwachsenen liegt.
Man kann aber Kinder auch (im Wissen, dass es noch schwer fällt, also mit Gnade und weniger eigenem, schnellem Zetern und Schimpfen) dazu auffordern, dass sie nach Kompromissen, nach eigenen Absprachen suchen. Manchmal kommen wundersame Kompromisse unter Kindern heraus, die unseren Ohren und Betrachtungen nicht ganz einleuchten, aber das kann uns egal sein, Hauptsache die Kinder finden ihren Frieden untereinander.
Wer einen wirklich witzigen Wortwechsel darüber, wie geteilt werden kann, nachlesen will, der lese bei Astrid Lindgren, wie Karlsson vom Dach seinen Freund Lillebror dazu bringt, seine Bonbons mit ihm zu teilen.  So kann es auch gehen – aber dennoch spielen und unternehmen die beiden immer weiter etwas zusammen, weil es gemeinsam einfach  mehr Freude macht als allein.
Mit Karlsson vom Dach hat Astrid Lindgren übrigens auf herrliche Weise erzählt, wie es sich anfühlt, wie die inneren Stimmen, das gesamte Lebensgefühl in einem jüngeren Kind noch häufig nach „Mehr“ und „Ich zuerst“ schreien.  Eine gewisse Zeit lang ist etwas Egoismus für Kinder noch ganz normal und in der Fantasiegestalt des Karlsson vom Dach erleben wir das Freche, Bodenlose, Witzige darin auch auf herrliche Weise ständig mit.
Schwierig würde es (wir sind gerade international Zeuge eines solchen Charakters), wenn Kinder diese Züge nicht mit der Zeit ablegten, kein soziales Verhalten im Laufe ihres Großwerdens lernen würden.  Aber das ist jetzt noch nicht die Sorge – indem wir ein wenig diplomatisch beim Üben helfen, lernen Kinder es schon …
Bis zum nächsten Mal,
Ingrid Löbner

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