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Wie lange darf der Schnuller ein Kind trösten?

Liebe Eltern,
immer wieder stellen Eltern sich (und mir) diese Frage:
Soll man den Schnuller möglichst früh abgewöhnen, oder: Wie lange darf ein Kind denn nach seinem Schnulli verlangen?

Das viele Saugen hilft kleinen Kindern, sich zu beruhigen. Wenn sie noch klein sind und gestillt werden, spricht überhaupt nichts dagegen, das Wort „Stillen“ in seiner doppelten Bedeutung wirklich ernst zu nehmen: Also nicht nur bei Hunger, sondern generell bei Weinen oder Unruhe als Mama das Kind an die Brust zu nehmen und bei sich saugen zu lassen. So bekommt ein Kind alles, was es braucht: Geborgenheit, Nähe, Wärme, Mama`s Zuwendung. Beim Stillen darf es diesem zentralen Bedürfnis umfassend auf allen Ebenen nachgeben, nämlich seiner Mama nahe zu sein und an ihr zu saugen.
Manche Babys lassen sich das auch nicht nehmen und lassen sich mit nichts anderem beruhigen, sondern bestehen drauf, nur bei ihrer Mutter zu saugen – sie nehmen also keinen Ersatz, keinen Schnuller.Oft aber sind es die Mütter, die sagen: Ganz so viel Saugen wird mir etwas zu viel, immer wieder muss mein Kind sich zwischendurch mit Ersatz begnügen – und sie geben ihrem Baby einen Schnulli.

Baby fährt in den UrlaubSeien Sie pragmatisch!

Pragmatisch, wie das Leben immer wieder bewältigt werden muss, gerade in der Zeit mit kleinen Kindern, machen wir  hier keine Grundsatz-Diskussion draus, sondern nehmen wir es so, wie Eltern oder Kind es entschieden haben: Die einen Kinder wollen ausschließlich gestillt werden, andere nehmen auch und auch gerne zwischendurch einen Schnuller. Aber, was dabei deutlich wird: Neben dem Bedürfnis eines Babys viel saugen zu dürfen, geht es auch um das Bedürfnis nach Geborgenheit, Nähe, Wärme, Trost.
Und hierin liegt die Antwort auf diese Frage, ob und wie lange das Kind einen Schnuller haben darf.
Wenn ein Kind das Säuglingsalter hinter sich hat, aber immer noch ein Kleinkind ist, kann man sagen: Das Bedürfnis, viel zu saugen ist noch nicht wirklich vorbei. Das Bedürfnis nach Nähe und Trost in kritischen Momenten genauso wenig, das wissen wir intuitiv.
Was macht ein Kleinkind also in kritischen Situationen, wenn es müde wird, wenn es sich weh getan hat, wenn es aus anderen kritischen Momenten heraus Trost braucht? Es will „gestillt“ werden, sprich: Wenn es an den Schnuller gewöhnt ist, dann schreit es in diesen Situationen nach ihm, es will saugen und will sich durchs Saugen beruhigen; meistens (nicht immer) will es auch auf den Arm und will Nähe und Trost durch einen vertrauten, geliebten Erwachsenen. Wenn das gerade nicht möglich ist, dann will es zumindest den Schnulli. Am verträumten Blick des Kindes sehen wir, wie es sich durchs Saugen innerlich beruhigt, sich auch etwas in sich zurück zieht.
Der Schnuller ist das Hilfsmittel, um sich zu beruhigen, um in kritischen Situationen, und wenn es gerade nicht anders möglich ist, sich alleine, sich selbst zu trösten.
Wenn der Schnuller nicht NUR gegeben wird, gilt: So lange der Schnulli nicht ausschließlich schnöder Ersatz ist, sondern das Kind genug Nähe und Geborgenheit durch geliebte Menschen bekommt, darf der Schnulli natürlich auch mithelfen, dass ein Kind in Momenten von Müdigkeit, Schmerz, Streit, Ärger etc.  durch Saugen Trost findet;  und dies darf die ganze Kleinkindzeit über so sein, bis sich das Bedürfnis kleiner Menschen, sich auch durch das Saugen zu beruhigen, allmählich verliert.

Wohldosierter Beruhigungsanker, aber kein Ersatz für Zuwendung, Zeit und Nähe

Nach der Säuglingszeit macht man es am besten so, dass das Kind den Schnuller nur in kritischen Momenten bekommt, dann aber -so lange man wie gesagt auch dran denkt, dass es eigentlich noch oft um Nähe und Trost durch liebevolle Arme geht- durchaus noch reichlich.
Das heißt umgekehrt: So lange es gerade keine kritischen Momente gibt, kann ein Kind jetzt durchaus auf den Schnuller verzichten, dann sollte der Schnuller nicht dauernd in den Mund, sondern kann getrost an einem Platz warten, bis er gebraucht wird.
Wenn ein Kind häufig nach dem Schnuller verlangt, sollten wir Erwachsenen uns immer fragen, ob ein Kleinkind ausreichend gute, zugewandte Zeit und damit verbundene, stressfreie Ruhe mit seinen Haupt-Bindungspersonen hat. Ein sehr starkes Bedürfnis nach Saugen am Schnuller drückt oft aus, dass an dem umfassenden Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit bei den meist geliebten Personen noch wichtiger Bedarf besteht. So berichten manche Tageseltern oder Erzieher/innen, dass von ihnen gehütete Kleinkinder nach 3 bis 4 Stunden den weiteren Tag dann nur noch mit Schnuller bewältigen. Hier zeigt ein Kind, dass es dringend wieder bei seinen Haupt-Bindungspersonen auftanken möchte, also zügig wieder Zeit mit seinen Eltern braucht, um sich seinem Alter entsprechend wieder sicher und geborgen zu fühlen. Wenn also das Saugen am Tag überhand nimmt, steht die Frage im Raum, ob ein Kleinkind mit der Abwesenheit, also mit  Länge der Zeit, sich bei seinen Haupt-Bindungs-Personen, den Eltern, wieder versichern und körperlich-psychisch  verbinden zu können, derzeit überfordert ist. Dann geht es nicht nur um die Frage: Darf es den Schnuller haben oder nicht? Sondern ebenso sehr um die Frage: Muss es in seinem Kleinkindalter zügiger zurück zu einem Elternteil, um sich innerlich wieder sicher und geborgen zu fühlen?

Wenn der Schnuller nur in kritischen Situationen wie  geschildert ab und zu kurz gebraucht wird, heißt im Kleinkindalter (also bis ca. drei Jahre) die Antwort: Ja, ein Kind darf den Schnuller noch haben.Ab drei bis vier Jahren kann ein Kind dann in kritischen Momenten auch ohne Schnuller auskommen. Ab drei bis vier Jahren haben die meisten Kinder die innere Reife, sich ohne Saugen trösten zu lassen, bzw. sich immer mal wieder auch ganz selbst zu beruhigen.
Bis zum nächsten Mal, herzlich,
Ihre Ingrid Löbner

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