Liebe Eltern,
lange kam ich nicht dazu, hier zu schreiben, denn ich war selbst angeschlagen, eher nicht mit Corona, wohl eher mit einer hartnäckigen Grippe. Aber heute endlich kann ich Ihnen hier wieder einen kleinen Beitrag schreiben zu dieser Zeit, in der viele Familien sehr viel gemeinsame Zeit zuhause verbringen und sich fragen, wie Sie diese sinnvoll und kindgerecht füllen können. Wie immer mein Credo, bleiben Sie möglichst gelassen, es braucht nicht viel …
Was mich ehrlich gesagt erstaunt und überaus freut – nachdem in den Medien oft berichtet wird, WIE anstrengend es alles für jene mit Kindern sei – dass mir, kaum zurück bei der Arbeit, viele Eltern berichten, dass es ihnen selbst und auch ihren Kindern erstaunlich gut tue, dass sie alle weniger Termine außer Haus hätten.
Das sonst übliche, dauernde Organisieren und Termine-Checken strengt offensichtlich alle auch an! Wenn es auch traurig sei, dass es durch diese schwerwiegende Corona-Pandemie ausgelöst sei, so habe dieses „Wir bleiben viel zu Hause“ auch Gutes: Die Tage wären ruhiger, die Kinder verträumter. Manche Eltern erzählen mir, es gäbe einfach weniger „Trotz“ bei den Kleinen, aber generell weniger Konflikte, weil die ganze Familie weniger gestresst sei. Eine Mutter erzählte mir begeistert, ihr Kind spielte endlich wieder, intensiv und hingebungsvoll wie schon lange nicht mehr.
Ich weiß, dass dies Positive nicht für alle Familien zutrifft; dass die Zeit zu Hause für einige Familien schwieriger ist, wenn sie nicht viel Wohnraum zusammen haben, oder wenn die Eltern zwar zu Hause sind, aber durch die Corona-Krise schwere existentielle Sorgen haben.
Dennoch freut es mich, dass offensichtlich auch viele Familien dieses Weniger an „Alle müssen morgens für den Tag los“ als wohltuend empfinden und ihre Kinder in ihrer Verträumtheit von neuen Seiten kennen lernen.
Manche Eltern geben sich große Mühe, dass ihre Kinder nur ja keine Langeweile haben und vielfältig von ihnen Anregungen bekommen. Sie schauen viele Bilderbücher mit dem Kind an, sie legen mit ihm ein Puzzle nach dem anderen, sie basteln und malen mit Kindern was das Zeug hält und – sie sind dann abends ziemlich erschöpft.
Das Alltägliche – oft das spannendste Spiel!
Wenn ich frage, was das Kind (plus minus drei Jahre alt) denn mache, wenn der Papa/die Mama weniger anbietet – dann kommen oftmals erstaunliche Antworten: „Unser Kind spielt dann am liebsten mit den Plastikschüsseln und -Bechern und sonstigen Utensilien aus der Küche.“ „Unser Kinder spielt (natürlich ohne Strom!) mit dem Staubsauger“ oder „Die letzte Zeit hat unser Kind sich mit allen Teilen unserer Küchenmaschine (bei gesicherten Steckdosen in der Küche!) stundenlang beschäftigt – die Teile auseinander genommen und wieder zusammengesteckt – immer und immer wieder!“ oder „Ich bin am Nähen – mein Kind schneidet begeistert und stundenlang mit der Schere die Reste, die Stofffetzen klein“. Oder „Unser Kind quengelt wenn ich das Baby versorge – aber dann kann ich doch gerade nicht vorlesen!“ Meine Frage: Und wenn das Große mithelfen darf? „Ja, dann bringt es ganz ernst und ganz genau alles herbei, was wir brauchen – aber dann hat es doch nichts Richtiges gespielt, nur mir geholfen, das geht doch nicht, weil nicht kindgerecht, oder?“
DOCH – all das geht!
Kinder wollen groß und geschickt und vor allem immer dabei sein
Bei alledem, was Eltern mir erzählen, was ihre Kinder tun, wenn man sie weniger aktiv anregt und „bespielt“ ist eines auffallend: Sehr viele Kinder beschäftigen sich liebend gerne und intensiv mit den Dingen, mit denen sie uns beobachtet haben.
Warum denn das – wenn man doch so viele Spielsachen im Kinderzimmer hat?
Ein Kind will groß und geschickt werden und „wie in echt“ mit seinen Händen hantieren – und liebt es daher (so logisch verhalten sich Kinder!), wenn es genau mit den Dingen üben darf, mit denen es uns Erwachsene hat geschickt hantieren sehen. Es ist fantastisch, wie genau und hochkonzentriert Kinder beobachten und dann genau das üben und üben und üben, wobei sie uns täglich sehen. Kinder sind, gerade im Alter von 2 oder 3 Jahren, wenn sie noch so unmittelbar in unserer Nähe sein wollen, begeisterte Lehrlinge. Wenn man sie lässt, geben sie ihrer Beobachtung nach und üben hoch konzentriert ihre Geschicklichkeit. An uns ist es, die gefährlichen Seiten unserer Alltagsdinge zu entschärfen (natürlich ist Elektrizität TABU!), aber ansonsten ihnen was zuzutrauen und sie behutsam machen zu lassen. Wenn Kinder mit „Richtigem“ hantieren dürfen, sind sie oft stundenlang sehr beschäftigt. In unserer Nähe, aber doch so, dass wir auch konzentriert etwas mit den Händen in Küche, im oder am Haus, in Ruf-und Reichweite des Kindes an Arbeit erledigen können.
Es sind Kleinigkeiten, die Kinder glücklich (und klug 🙂 machen!
Und wissen Sie was? Diese Art konzentriertes Hantieren mit unseren, mit den „richtigen“ Sachen des Haushalts und unseres Alltags, das macht das Kind auch noch klug. Denn dieses kindliche genaue Beobachten und aus sich selbst heraus begeisterte Üben und Nachmachen unserer Handgriffe löst Botenstoffe im Gehirn aus, die das Gehirn in gewisser Wiese „düngen“. Durch den „Dünger“ der Begeisterung (mehr dazu lesen Sie bei Gerald Hüther „Jedes Kind ist hochbegabt“) wird optimal die gesamte Elastizität und Entwicklung des kindlichen Gehirns angeregt.
Haben Sie Mut! Sie werden es erleben: Sie sind weniger erschöpft abends, weil Ihr Kind sein Spiel-Programm selbst macht und Sie nicht dauernd sein Entertainer/in sein müssen.
Viel Freude und Vergnügen beim Entdecken dabei, wo das begeisterste Hantieren und Üben Ihres Kindes liegt.
Bleiben Sie gesund und bis nächsten Mal, herzlich
Ihre Ingrid Löbner
Worüber in solchen Zeiten eine wie ich dann gleich auch noch nachdenkt:
Wenn wir Kinder ernst nehmen, dann bringen sie uns all das bei. Auch wenn das tatsächlich sehr anstrengend ist, ist das letztlich doch gut so, oder? Weil Kinder uns zwingen – und das kommt uns dann allen in Zeiten der Schwäche zugute – dass wir wahrnehmen, was jemand, der Hilfe braucht, ernsthaft und wirklich braucht, um körperlich und seelisch im Lot zu bleiben. Das Tolle ist – und hier unterscheiden sich gesunde Kinder von Zeiten des schweren Krankseins – dass wir ganz sicher sein können, dass Kinder größer werden und einen unbändigen Drang haben, alles selbst zu können, also raus zu kommen aus ihrer hilflosen Lage. Super, oder? Nehmen Sie sich also jetzt mehr Zeit – denn eines ist ganz sicher: Es wird besser mit kleinen Kindern. Und das besonders Tolle: Kinder, die uns als Eltern warmherzig und empathisch und mit genug Zeit für Langsames und ihre kindliche Hilflosigkeit erlebt haben, sie sind eines Tages genau so warmherzig und empathisch, sollten wir eines Tages plötzlich solche Zeiten der Schwäche haben – weil sie es dann gar nicht anders kennen, es ihnen körperlich und seelisch ganz vertraut ist. Dann darf man sich fallen lassen – das ist doch ein gutes Gefühl, oder?
Überall – in den Scheunen und auf dem ganzen Gelände des Bauernhofes, in den umliegenden Wiesen und Wäldern, an den Bachläufen und Seen, und, und, und …. So vieles gibt es hier anzuschauen (und im beiliegenden Museum wird vieles dazu erklärt), was man aus den Büchern kennt: Die weißen Hühner, die Astrid Lindgrens Mutter besonders mochte und immer weiter züchtete, deren Hühner-Vorfahren in den Michel- Geschichten an selbigen Kirschen pickten, die Michel doch vergraben sollte, weil sie alkoholisch vergoren waren! Im Tischler-Schuppen kann man sitzen, der Astrid Lindgren die Inspiration gab, dass er Rückzugs-Ort von Michel wurde, wenn es allzu heiß um ihn und seine Einfälle herging; und man kann nachlesen oder durch Autoguide erzählt bekommen, dass viele Michel-Erlebnisse einen realen Hintergrund hatten in den Erzählungen von Astrids Vater, der – wie Michel – als kleiner Junge auf einem smaländischen Bauernhof groß wurde und ganz wie Michel dabei viel erlebt hatte.
Das ist es, was einen beim Besuch von Näs so berührt: Das Liebevolle der Familie ist bis heute, in der Art, wie sie mit ihren vielen (Museums-) Gästen umgehen, immer weiter zu spüren. Ebenfalls die Freiheit, zu spielen und den Tag in Näs zwischen Scheunen, Bäumen, Gärten, auf allen Wegen zu genießen und das zu tun, was einem einfällt und gefällt. Denn eines wird klar: In der Alltäglichkeit, die die Gebäude und Wege haben, spürt man beim Umhergehen nur zu gut, dass all das heute Bestaunte in der Zeit der Ericsson-Kinder ein ganz normaler, typischer Bauernhof in Smaland war. Noch dazu ist das Gelände heute umgeben von unserer Welt: Häuser und Wohnblöcke unserer Zeit. Und es wird einem beim Umhergehen klar, dass es tatsächlich und wirklich diese zwei „Dinge“ sind, die Kinder immer weiter brauchen, damit sie eine reiche und beseelte Kindheit erleben können, damit sie auch als Erwachsene in ihren Gefühlen reiche, beseelte und liebevolle Menschen bleiben können: Ausreichend viel Geborgenheit und dazu Freiheit, um echte Erfahrungen im wirklichen Leben zu machen und um spielen, spielen, spielen zu können. Damit Sie nicht glauben, das sei nur auf einem großen Hofgelände möglich? Keinesfalls! Ich durfte das Wohnhaus von Astrids Eltern von innen besichtigen und hörte die Person, die uns die wenigen und eher kleinen Räume zeigte, Folgendes erzählen: Im, mit sehr schönen Möbeln eingerichteten Schlafzimmer der Familie (in dem übrigens ganz selbstverständlich die Kinder als jüngere Kinder mit in den Betten der Eltern schliefen!) durften Astrid und ihre Geschister, wann immer es ihnen einfiel (und wie Sie sich denken können, fiel es fiel den Kindern täglich ein), das Spiel „Nicht den Boden berühren“ spielen. Sie finden es in den Lindgren-Büchern wieder! Das bedeutet, dass Astrid und ihre Geschwister auf sämtlichen, wirklich guten Möbeln täglich reichlich herumkletterten; ebenfalls in der (nicht großen) Küche reichlich umhersprangen und durch die, die Räume verbindenden Türen, viele Male das eher wilde Spiel „Kickse-Kickse-Huhh“ spielten – auch dieses Spiel kennen Sie aus den Lindgren-Büchern.
Lassen Sie Ihre Kinder ihre Welt entdecken und Räubertöchter und Lausejungen sein
Weniger machen, mehr Trödeln
Seien Sie pragmatisch!












Kindern lernen fürs Leben: Gönnen, Teilen, Rücksichtnahme
Seien Seien Sie realistisch und lebensklug: Lassen Sie Ihre Kinder einfach Kind sein!
